Lernstile - Wie lerne ich am effektivsten?

Lernstile - Wie lerne ich am effektivsten?

Denker, Entscheider, Entdecker oder Macher? - Jeder hat eine andere Tendenz, an Probleme heranzugehen und dementsprechend Lösungen zu finden. Lernstile können eine Orientierung dafür sein, wie Lernen zum Kinderspiel wird und zudem auch noch eine ganze Menge Spaß macht!

Lernstile - eine Orientierung bis ins hohe Alter

In unserem letzten Blogartikel haben wir uns bereits kritisch mit dem Begriff der “Lerntypen” auseinandergesetzt und festgestellt, dass Lernen individuell ist und jeder selbst herausfinden muss, wie er am besten Informationen aufnimmt. Hat man aber seine Präferenzen mal herausgefunden, dann lernt es sich viel leichter und vor allen Dingen mit viel mehr Spaß. Und das Beste ist: Es kann einem ein Leben lang helfen, sich neue Dinge anzueignen, Stichwort hier: Lebenslanges Lernen.

Der amerikanische Psychologe und Bildungsforscher David Allen Kolb sieht Lernen als zyklischen Prozess, an dessen Anfang die Erfahrung steht. Nach dem Erlebten wird darüber nachgedacht und daraus Schlüsse gezogen, z.B. “mit einem Stift kann ich etwas produzieren”. Daraufhin erfolgt die Phase des aktiven Experimentierens und dieses Konzept wird vom Lernenden geprüft, z.B. indem alles, was nach einem Stift aussieht, ausprobiert wird (so übrigens auch unser ergonomischer Dreikantstift, mit dem die Kinder in der Kita immer erstmal ausprobieren, ob er auch auf Papier oder dem Kitatisch funktioniert ;)).

Kolb leitete im Jahr 1981 aus diesem Lernkreislauf folgende vier Lernstile ab, die von den präferierten Verhaltensweisen des Lerners abhängen:

  • Assimilierer (Denker)
  • Konvergierer (Entscheider)
  • Divergierer (Entdecker)
  • Akkomodierer (Macher)

Assimilierer sind Theoretiker, die gerne logisch und strukturiert nach Definitionen und allgemeinen Schlussfolgerungen suchen. Sie mögen Konzepte und grafische Darstellungen und werden durch Unsystematisches oder zu Gefühlvolles eher schnell irritiert.

Konvergierer sind Spezialisten, die es gerne effizient und sachlich mögen. Sie treffen schnelle Entscheidungen, arbeiten gerne im Team und präsentieren gerne Ergebnisse. Viele Wiederholungen, Passivität und Einzelarbeiten mögen sie nicht so gerne. 

Divergierer sind Universalisten, die gerne vieles hinterfragen und es lieben, zu diskutieren. Sie wägen gerne ab, haben viel Phantasie und benötigen oft etwas Zeit, bis sie Entscheidungen treffen. Spontaneität ist eher nicht so ihr Ding.

Akkomodierer sind Pragmatiker, die Herausforderungen und Risiken nicht scheuen. Sie handeln schnell und wollen das Gelernte oft direkt umsetzen. Zu viel Theorie und unklare Anweisungen können sie eher nicht leiden.

Nach dieser Theorie hat jeder Mensch all diese vier Lernstile in sich vereint hat, aber oft gibt es einen oder zwei Typen, die stärker ausgeprägt sind. Wenn man dies bei sich selbst und seinem Kind herausfindet, ist das Verständnis füreinander viel größer und das Lernen macht gemeinsam viel mehr Spaß.

Die beiden Autoren Peter Honey und Alan Mumford gingen vom kolbschen Modell aus stimmten ihrem Vorreiter in der Hinsicht zu, dass Lernen ein zyklischer Prozess ist und jeder Lerner zwar bestimmte Phasen dieses Lernprozesses bevorzugt, schlussfolgerten aber auch, dass man sich in der Regel nicht über seine eigenen Lernpräferenzen bewusst ist. Deswegen entwarfen sie einen Fragebogen, in der man anhand verschiedener Fragen seine Lernstilpräferenzen herausfinden kann und in eine der folgenden Kategorisierungen eingeteilt wird:

  • Aktivisten
  • Nachdenker
  • Theoretiker
  • Pragmatiker

Aktivisten sind offen für neue Erfahrungen. Sie probieren gerne erst einmal aus, bevor sie sich Gedanken über ein dahinter stehendes Konzept machen. Sie sind aktive Problemlöser, mögen in der Regel Brainstormings, diskutieren gerne in Gruppen, sind Wettkampftypen und lieben Rollenspiele.

Nachdenker zeichnen sich darin aus, Beobachtungen in komplexe logisch begründete Theorien zu integrieren. Sie abstrahieren gerne, reflektieren viel und kommen dann erst zu einem Schluss. Sie mögen es, Daten zu sammeln, Dinge zu analysieren und Auswertungen zu tätigen. 

Theoretiker lernen am besten, wenn ihnen etwas logisch und systematisch erscheint. SIe bevorzugen es, zu analysieren und zu synthetisieren und neue Informationen in eine objektiv logische Struktur zu bringen. Sie denken gerne über die Zukunft nach und können sich auftretende Eventualitäten gut vorstellen.

Pragmatiker kombinieren Theorie und Praxis, in dem sie versuchen, die Theorie direkt in die Praxis umzusetzen. Erst wenn sich das Modell  in der Praxis bewährt hat, wird es auch akzeptiert. Pragmatiker sind experimentierfreudig, bodenständig und scheuen keine Herausforderung. Auch sie nehmen gerne an Diskussionen teil, helfen gerne aktiv bei der Problemlösung und mögen es, sich stets weiterzubilden und Prozesse anhand neuer Ideen zu verbessern.

Das letzte Lernstilmodell, das wir euch an dieser Stelle vorstellen wollen, stammt von dem inzwischen emeritierten Hochschulprofessor für Chemieingenieurwesen der North Carolina State Universität Richard Felder. Er weitet die Kategorisierung der Lernstile aus und betrachtet die unterschiedlichen Lerner noch etwas differenzierter. Auch er hat einen Test entwickelt, bei dem man sich immer auf einer Skala zwischen jeweils zwei Polen der folgenden Kategorien einordnen kann:

  • aktive vs. reflektive Lerner
  • sensorische vs. intuitive Lerner
  • visuelle vs. verbale Lerner
  • sequentielle vs. globale Lerner

Aktive Lerner wollen Informationen aktiv begreifen und anwenden, reflektive Lerner bevorzugen es eher, im Stillen erstmal für sich über neue Lerninhalte nachzudenken. Während aktive Lerner es lieben, in der Gruppe über neue Informationen zu diskutieren, eignet sich für reflektive Lerner eher die Methode, sich selbst Notizen zu dem Gelernten zu machen bzw. neu Gelerntes selbst zusammenzufassen.

Sensorische Lerner lösen Probleme gerne über zuvor gut eingeführte Methoden. Sie haben ein Auge für’s Detail, lieben praktische Arbeiten und kommen gut mit Abstraktionen, Formeln und theoretischen Modellen klar.  Intuitive Lerner sind sehr innovationsfreudig, sie mögen eher keine Routine, benötigen oft konkrete Beispiele, um den Bezug der Theorie zur Lebenswelt herzustellen und lernen über die Verbindung zu Anderen. Die Methode des Brainstormings eignet sich sehr gut für sie.

Visuelle Lerner erinnern sich am besten an Informationen, die sie auch gesehen haben. Ob über Bilder, Diagramme, Filme oder selbst Gezeichnetes - manchmal können sie genau noch sagen, welche Information wo genau im Bild gezeigt wurde. Verbale Lerner merken sich Informationen besser über das geschriebene oder gesprochene Wort. Für sie eignet sich die Aufnahme neuen Lerninhalts z.B. über die Erklärungen anderer oder wenn sie selbst Zusammenfassungen über das Verstandene schreiben.

Sequentielle Lerner verstehen Dinge, indem sie Schritt für Schritt vorgehen, sodass sich für sie alles logisch nacheinander aufbaut. Globale Lerner wollen erst einmal einen Überblick gewinnen, bevor sie in die Details gehen. Sie kommen eher damit klar, wenn sich noch Lücken im Gesamtbild des neu Gelernten ergeben. Für sie ist es hilfreich, sich erst einmal einen Überblick über das gesamte Neue zu verschaffen, indem sie sich z.B. alles einmal komplett anschauen und beispielsweise bei einer neuen Information anfangen, die sie am meisten interessiert. Am Ende können sie dann alles wieder in Verbindung bringen und zu einem Gesamtbild zusammensetzen. Für sequentielle Lerner eignet sich eher die Methode, neue Dinge von vorne bis hinten schrittweise nacheinander abzuarbeiten. Das fördert das Verständnis der neuen Lerninhalte und sie können sich neue Informationen so auch besser merken.

Es ist wichtig, bei diesem Modell zu betonen, dass niemand einseitig nur sequentiell lernt oder ein absolut visueller Lerner ist. Tatsächlich verfügen wir alle über die Eigenschaften, auf die ein oder andere Art zu lernen und können unseren Lernstil situationsbedingt auch immer anpassen. Trotzdem ist es nicht schlecht, sich mal über seine eigenen Tendenzen Gedanken zu machen und auch über die seines Kindes, damit man das Lernen im individuellen Fall besser fördern kann und das Ganze am Ende auch viel mehr Spaß macht!

Darüber hinaus ist uns noch wichtig zu erwähnen, dass natürlich auch noch ganz andere Faktoren wie die Gestaltung der Umwelt, (z.B. Akustik, Licht, Temperatur) sowie soziologische Zusammenhänge und psychologische Elemente die eigenen Lernpräferenzen prägen. Wer sich hier noch weiter informieren möchte, kann sich mal die Lernstile nach dem Professorenpaar Kenneth and Rita Dunn anschauen. 

Wir möchten einfach einen Überblick über die gängigsten in der Literatur erwähnten Modelle geben und euch Tendenzen im Bereich der Lernstile aufzeigen, die euch helfen können, eure Kinder beim Lernen besser zu unterstützen.